wieder in Indien?!…

Wir waren auf der Flucht. Der Flucht vor dem Monsun. Dafür mussten wir acht Stunden Busfahrt in Kauf nehmen, um 200 Kilometer in den Norden zu kommen.

Das Gebiet um die Großstadt „Jaffna“ befand sich bis 2009 im Bürgerkrieg und ist hauptsächlich von den indischen Tamilen besetzt. Liegt nahe, denn der Norden ist nur schlappe 30 Kilometer vom indischen Festland entfernt.

Der Norden sollte noch komplett untouristisch sein und komplett anders als der Süden, deswegen wollten wir uns das ganze mal ansehen. Das Wichtigste aber: Hier sollte es die nächsten drei Tage nicht regnen. Wir jagen also den trockenen Tagen hinterher und schauen mal wo wir dabei so landen.

Die Busfahrt war ein Tortur. Wie hatten wir das sechs Wochen in Indien ausgehalten? Der ständige Blick aufs Navi war frustrierend, denn es waren immer höchstens 10 Kilometer mehr die man sich durch die Schlaglöcher und Dorfhaltestellen gerüttelt hatte.

Der Fahrer hatte öfter mal Hunger und machte einen Futterstop und mein Sitznachbar, der sich unnötigerweise mit auf unsere Sitzbank presste, war etwas lästig und so richtig indisch. Immer wieder grabbelte er ausversehen mein Bein und meinen Arm an und ignorierte gekonnt meine Todesblicke. Mein Ehemann konnte mir leider nicht beistehen, denn er hing mit sabbernden Mundwinkeln und nach vorne neigendem Kopf halb aus dem Fenster.

Ich bereute es zutiefst, meine kurze Hose angelassen zu haben und wünschte mir eine lange Hose, trotz der erdrückenden Hitze, denn es wurde mit jedem Kilometer den wir zurücklegten indischer.

Keine lächelnden Menschen mehr, nur grimmige starende Gesichter. Der Krieg scheint noch allen in den Knochen zu stecken oder es sind wirklich alles Inder.

Ach ja, so war Indien! Irgendwie hatten wir das verdrängt…

Irgendwann kamen wir aber an und bezogen ein Guesthouse mit einem anderen Deutschen, mit dem wir uns ein wenig austauschten.

Als uns der Hunger plagte, gingen wir beim Inder essen. Marvin wollte unbedingt noch mal ein richtiges „Dosa Masala“ essen. Hier wurde selbstverständlich nur Marvins Dosabestellung aufgenommen. Als der Kellner schon am gehen war fragte ich ihn, ob ich vielleicht auch noch etwas bestellen könnte. Widerwillig nahm er meine Bestellung auf und zog wortkarg davon, denn das Restaurant war ja schließlich nur „für Vegetarier“ und nicht „nur für Männer“. Wortkarg wurde uns plump das Essen auf den Tisch geknallt. Es war hier so richtig, richtig indisch und ja, so ganz anders als im restlichen Sri Lanka, nur dass wir diese „Kultur“ eigentlich schon zu genüge kennen…

Ausgeschlafen, aber geweckt von der Moschee nebenan (ach wie hatten wir das nicht vermisst) gab es erst einmal Frühstück. String Hoppers mit Dal. Ziemlich scharf. Das Frühstück zog sich bis um 12 Uhr, da wir uns mit dem Deutschen verquatschten. Dann machten wir uns aber auf den Weg in die Stadt. Fünf Kilometer lag unser Häuschen außerhalb der Stadt und auf dem Weg war es recht dörflich. Also recht tot.

Auf dem Weg liefen wir an einem Frisör vorbei und Marvin beschloss für sich, er bräuchte ein wenig Wellness. Er zeigte dem Inder ein Foto seiner Wunschfrisur. Knoten ab. Er hätte sich aber wohl denken können, dass die Frisur anstatt fotolike westlich eher typisch indisch werden würde.

 Mit einem blonden, toupierten Inder an der Seite ging es also weiter in die Stadt.

Vom einen auf den anderen Moment fing nach einer Ampel aber die wuselige Stadt an zu leben. Etwas müllig, laut und uninterssant war die tamilgeprägte Stadt in der auch hauptsächlich Tamil gesprochen wurde. Wir fanden keinen lächelnden Singalesen und irgendwie war die Stimmung etwas gedrückt. Wir liefen zum Fort, welches einst von den Portugiesen besetzt war und später von den Holländern erobert wurde.

Das einzig schöne in der Stadt war der Clocktower und ein klimatisierter Supermarkt. Wir wollten mit dem Bus zurück fahren, denn uns qualmten die Füße. Ein kleiner VW Bus kam mit singalesischer Musik an uns vorbei gerauscht. Ob er uns ein paar Stationen mitnehmen würde? Klar! Mit 30 anderen Singalesen (alle lächelten um die Wette) ging es also bis nach Hause. Der Busfahrer Support wies alle Gäste in Dauerschleife an ihren Platz.

„Du da hälst dich hier fest, du da musst aussteigen, komm du da nach vorne, dafür setzt du da dich hin, nimmst dem seine Tüte auf den Schoß und hey, halt du dich da oben fest und nicht da unten!….“

Es war wirklich eine lustige Sardinenbüchsenfahrt und das singalesische Singsang in der Sprache klang wie Balsam für die Seele. Tamil hingegen ist eine sehr harte und grobe Sprache.

Im Gasthaus wollten wir den Jogurt essen den wir am Vortag gekauft hatte. Als wir unseren Gasthausbetreiber danach fragten, denn er hatte ihn für uns kühl gestellt, gab er uns einen gefrorenen Jogurtblock zurück. War das sein ernst?

Während unser Magen knurrte, schauten wir dem Jogurt beim Schmelzen zu. Was soll ich sagen, er war ungenießbar.

Der Deutsche kam auch recht niedergeschlagen zurück, denn die Fahrradtour zu den Inseln, die wir morgen machen wollten, fiel regelrecht ins Wasser. Die Straßen waren so überflutet, dass der Rundweg absolut unmöglich war.

Sri Lanka scheint es im Moment nicht so gut mit uns zu meinen, jedoch halten wir bereits Ausschau nach dem nächsten Ziel ohne Regen. Die Prognosen werden besser. Vertrauen wir denen mal…

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